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Alle Dinge in Christus

von T. Austin-Sparks

Zuerst veröffentlicht in den Zeitschriften "A Witness and A Testimony", Mär-Apr 1943, Vol. 21-2. Originaltitel: "All Things in Christ". (Übersetzt von Manfred Haller)

Wir greifen zu den Briefen, und wir glauben, sie befassten sich mit dem Bau der Gemeinde und der Gemeinden, mit der Überstruktur des Christentums, und so nehmen wir die Technik der Apostelgeschichte und der Briefe eben als eine Technik, als ein System von Lehrsätzen und ein System von Praktiken, als ein System einer christlichen Ordnung, und so werden die Briefe – und sind es für so viele, ja, für die Christenheit im Allgemeinen, geworden – ein kristallisiertes System von Praktiken, Ordnungen, Formen, Lehren; und die Schwäche bei dieser ganzen Sachlage ist ganz einfach die, dass es etwas in sich selbst darstellt, und dass der Herr Jesus dabei völlig verpasst worden und verloren gegangen ist. Ich frage mich, ob ihr merkt, was ich damit meine? Seht ihr, die Art des Heiligen Geistes ist es, Christus zu nehmen und uns Christus aufzuschliessen und uns zu zeigen, dass Christus eine himmlische Ordnung ist; dabei ist es wiederum nicht so, dass die Briefe ein Handbuch einer himmlischen Ordnung darstellen, sondern dies, dass Christus diese Ordnung ist, und alles, was diese Ordnung betrifft, unmittelbar mit der lebendigen Person in Beziehung gesetzt werden muss. Sobald es irgend zu einem Ding, zu einer Sache wird, wird es zu einem irdischen System. Und ihr könnt aus den Briefen hundert verschiedene irdische Systeme konstruieren, die alle auf den Briefen basieren. Sie werden jede Anzahl verschiedenster Systeme, verschiedenster Inter-pretationen stützen, die durch christliche Ordnungen hier und jetzt repräsentiert werden, und der Grund dafür ist schlicht der, dass sie von der Person losgelöst wurden.

Seht, ihr Lieben, es gibt zahlreiche Dinge, zahlreiche Gegenstände, Themen, Lehren. Da gibt es zum Beispiel «das Reich Gottes», es gibt «die Heiligung», es gibt «ewiges Leben», es gibt «das siegreiche Leben», «die Überwinder», oder «das Überwinderleben», und dann gibt es auch noch «das zweite Kommen Christi». Das sind bloss ein paar Gegenstände, Themen, Wahrheiten, wie sie genannt werden, die aufgegriffen und aus der Schrift entwickelt wurden, und sie sind zu Dingen geworden, mit denen sich die Menschen sehr viel beschäftigt haben, und an denen sie als Sache grosses Interesse haben. So kreisen bestimmte Leute um eine Heiligungslehre, und man nennt sie die «Heiligungsleute», und so wird die Sache zu einem «-ismus». Andere fahren auf etwas anderes ab, sie sind gefangen durch den Zaun des zweiten Advents, des Kommens des Herrn, oder der Prophetie und vielem anderen. So bekommt ihr immer neue solcher Gruppen. Ich möchte sagen, dass dies äusserst unmöglich wäre, wenn die Person des Herrn Jesus alles beherrschen würde.

Was ist das Reich Gottes? Es ist Christus. Wenn ihr die richtige Einsicht in die Evangelien gewinnt, werdet ihr feststellen, dass das Reich Gottes Jesus Christus ist. Wenn ihr in Christus lebt, dann lebt ihr im Reich Gottes, und ihr wisst, indem der Heilige Geist euch Christus lehrt, was das Reich in jeder Einzelheit bedeutet. Das Reich Gottes ist zuest einmal nicht irgend eine Sache. Wenn das Reich Gottes etwas Universelles wird, dann wird es ganz einfach der Ausdruck und die Manifestation Christi sein. Das ist alles. Ihr kommt in und durch Christus zum Reich Gottes; und dasselbe trifft auf alles andere zu.

Was ist Heiligung? Auch sie ist keine Lehre. Sie ist überhaupt kein «es». Sie ist Christus. Er wurde uns zur Heiligung gemacht (1. Kor. 1,30). Wenn ihr in Christus seid und wenn der Heilige Geist euch Christus lehrt, dann wisst ihr alles über die Heiligung. Und wenn er das nicht ist, dann habt ihr zwar eine Theorie und Lehre von der Heiligung, aber sie wird euch von andern Christen trennen, und sie wird jede mögliche Zahl von Christen in Schwierigkeiten bringen. Vielleicht hat die Lehre von der Heiligung als eine Sache mehr Christen in Schwierigkeiten gebracht als irgend eine andere Sonderlehre, nur indem sie zu einer Sache gemacht wurde, anstatt dass wir Christus als unsere Heiligung bewahrt haben.

Ich sage das nur, weil ich etwas zu erklären versuche ... nämlich, dass wir uns in der Schule Christi befinden müssen, wo uns der Heilige Geist keine Dinge lehrt; weder eine Lehre von der Gemeinde, noch von Heiligung, noch von der Wiederkunft, noch von irgend einer Sache oder irgend einer Anzahl von Dingen; Er lehrt uns vielmehr Christus. Was ist denn Adventismus? Was ist das Kommen des Herrn? Nun, es ist ganz einfach dies, dass der Herr kommt! Und was ist dieses Kommen des Herrn? Nun, gerade ein solches Wort gibt uns den Schlüssel: Er wird kommen, um in Seinen Heiligen verherrlicht, und in all denen, die geglaubt haben, bewundert zu werden (2. Thess. 1,10). Ihr seht, es ist die Vollendung von etwas, das schon lange auf eine innere Weise im Gange war. Wie nun kann ich am besten wissen, dass das Kommen des Herrn nahe gekommen ist? Nicht vor allem durch prophetische Zeichen, sondern durch das, was in den Herzen des Volkes Gottes vor sich geht. Das ist das beste Zeichen der Zeit, nämlich, was der Geist Gottes im Volk Gottes tut. Doch ihr seid nicht daran interessiert. Ihr wollt viel eher wissen, was zwischen Deutschland und Russland geschehen wird, ob diese beiden es schliesslich schaffen werden, eine grosse Konföderation zu bilden! Wie weit bringt uns das? Wohin hat uns denn all das Gerede über das wieder auferstandene römische Weltreich gebracht? Das ist Adventismus als eine Sache. Solange wir uns nahe an Ihn halten, der die Summe aller Wahrheit ist, und uns mit Ihm bewegen und Ihn lernen, werden wir den Lauf der Dinge verstehen. Wir werden wissen, was dann unmittelbar bevorsteht. Wir werden in unseren Herzen das Flüstern der Vorbereitung haben. Die beste Vorbereitung auf die Wiederkunft ist die, den Herrn zu kennen. Damit habe ich nicht gesagt, dass es mit der Prophetie nichts auf sich habe; bitte missversteht mich nicht. Aber ich weiss, dass es eine Menge von Leuten gibt, die ganz von der Prohetie als einer Sache in Anspruch genommen sind, deren geistliches Leben nichts wert ist und die tatsächlich keinen tiefen inneren Wandel mit dem Herrn haben. Wir haben dies so oft gesehen.

Ich werde nie vergessen, wie ich anlässlich eines Besuches der Vereinigten Staaten in eine der grossen Städte kam, wo ich eine Woche lang sprechen sollte. Alles war so arrangiert, dass meine erste Botschaft so angesetzt war, dass sie unmittelbar auf die letzte Botschaft eines Mannes folgte, der eine Woche vor mir da war; dieser hatte während der ganzen Woche über Prophetie gesprochen. Ich besuchte noch die letzte Versammlung, wo seine letzte Botschaft die Zeichen der Zeit zum Inhalt hatte. Die Leute hatten die Notizbücher gezückt und schrieben alles auf, sie waren fasziniert. Es war alles äusserlich, alles objektiv; es ging um Dinge wie das wieder-erstandene römische Weltreich und das zurück gewonnene Palästina. Ihr kennt all das. Dann endete er, aber die Leute erwarteten noch mehr, die Notizbücher lagen bereit. Da legte der Herr mir aufs Herz, dass das erste Wort sein sollte: «Und jeder, der diese Hoffnung auf Ihn hat, reinigt sich selbst wie Er rein ist» (1. Joh. 3,3); ich sollte also über die geistliche Auswirkung dieser Hoffnung sprechen. Daran aber waren sie nicht interessiert. Die Notizbücher verschwanden, die Schreibstifte wurden weggelegt. Sie hatten kein Interesse dafür, dass ich versuchte, dem Herrn darin sehr treu zu sein, was all dies auf eine innere Weise bedeuten sollte, dass wir uns dem Herrn anpassen sollten, und so weiter. Sie sehnten sich nur danach, dass die Versammlung beendet wurde. Als ich endete – ja, sie warteten kaum bis ich zu Ende war – standen sie auf und waren draussen.


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