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Training im Hause Gottes

von T. Austin-Sparks

Zuerst veröffentlicht in den Zeitschriften "A Witness and A Testimony", Sep-Okt 1963, Vol. 41-5. Diese Version bearbeitet und neu veröffentlicht in den Zeitschriften "Toward the Mark" Nov-Dez 1981, Vol. 9-6. Originaltitel: "Training in the House of God". (Übersetzt von Manfred Haller)

«Als nun Abram hörte, dass sein Bruder gefangen sei, bewaffnete er seine 318 erprobten Knechte, die in seinem Haus geboren waren, und jagte jenen nach bis Dan» (1. Mose 14,14).

«Seine erprobten (engl: trainierten) Männer, die in seinem Haus geboren waren». Das weckt einige interessante Fragen. Das muss sich auf ein großes Zeltlager beziehen, denn sie lebten nicht in eigentlichen Häusern, sondern in Zelten. Es wird im Grunde genommen von einem Haushalt gesprochen, und in diesem Zusammenhang wird das Wort auch im Neuen Testament verwendet hinsichtlich des Hauses Gottes. Wir sind in einen Haushalt hinein geboren worden (Hebr. 3,6), und dieser Haushalt sollte, vor allen Dingen, ein Ort geistlichen Trainings und geistlicher Schulung sein.

Wofür immer Abrams Männer trainiert worden sein mochten, mit Bestimmtheit waren sie für den Krieg trainiert worden. Auch wir müssen lernen, dass das Haus Gottes ein Ort des Trainings für geistliche Konflikte ist. Der Haushalt Gottes ist die Beziehung und Gemeinschaft der Gläubigen unter einander; er ist nicht ein bestimmter Ort, sondern die Beziehung im Heiligen Geist, die wir hinein geboren worden sind. Er ist auch der Bereich unseres Trainings, so dass wir also unser Leben nicht im Bereich bloßer Theorien verbringen, sondern wir sind dem disziplinierenden Werk des Heiligen Geistes unterworfen.

Es gibt viele Segnungen im Hause Gottes, viele Annehmlichkeiten, die unserem Wohl, unserem Komfort und unserem Schutz dienen. Wir danken Gott für das alles, aber wir dürfen nie vergessen, dass dies auch der Ort für unsere geistliche Schulung ist. Geistliches Training ist nichts Akademisches. Sie besteht aus dem Lernen der Lektionen des gemeinsamen Lebens in Gemeinschaft mit andern Gläubigen, und genau deswegen kann es manchmal sein, dass es uns drum ist, einfach wegzulaufen und einer solchen Prüfung zu entfliehen.

«Erprobte Männer, in seinem Hause geboren». Welches ist die Bedeutung von Liebe, wenn es sich nicht um eine gemeinschaftliche Sache handelt? Welches ist die Bedeutung von Geduld, wenn es nicht etwas mit andern Leuten zu tun hat? Welches ist die Bedeutung von so vielen andern Dingen im Christenleben, wenn sie sich nicht im Kontext eines auf andere bezogenen Lebens befinden? In diesem Gemeinschaftsleben werden wir auf die Probe gestellt. Dies ist der Ort, wo wir unsere echte Disziplinierung und unser Training bekommen.

«Er führte seine erprobten Männer hinaus». Beachtet, warum er dies tun musste. Lot, der Kompromissler, war in einer verzweifelte Lage. So oft ist es die schwierige Person, diejenige, die ständig sich selbst und ihre Freunde in Schwierigkeiten bringt, der unangenehme, der selbstsüchtige Mann, der stets seine eigenen Interessen voranstellt und seinem eigenen Vergnügen frönt, ohne nach dem Willen Gottes zu fragen. Zu diesem Zeitpunkt war Lot gefangen genommen worden, mit seiner Familie und seinem ganzen Besitz, und er war von seinen Feinden verschleppt worden. Abram hätte da seine Hände reiben und sagen können: «Mit Verlusten muss man rechnen! Gott sei Dank sind wir ihn los». Aber das tat er nicht. Es war für diesen «schwachen Bruder», diesen Versager, diesen schwierigen Bruder, der kaum verdiente, dass man ihm half, dass Abram seine erprobten Männer hinausführte, und er kehrte nicht zurück, bis er diesen in Not geratenen «Bruder» zurückbringen konnte. Es ist auch für uns eine Lektion und ein Hinweis darauf, was es bedeutet, ein Mitglied des Haushalts unseres Vaters zu werden.

Es steht kaum jemandem von uns zu, Lot zu beurteilen und zu verdammen, denn im Grunde sind wir alle sehr unangenehme Leute. Wir alle bereiten dem Herrn viele Schwierigkeiten. Wie wunderbar, sich zu erinnern, dass Er, «nachdem die Seinen, die in der Welt sind, geliebt hat, sie bis zum äußersten geliebt hat» (Joh. 13,1). Das ist eine Haushalt-Angelegenheit, so zu lieben im Hause Gottes. Habt ihr nicht auch schon gedacht, dass alles besser wäre, wenn nur jener schwierige Bruder oder die Schwester weit weg gebracht würde? Die Handlungsweise Abrahams erinnert uns daran, dass der Haushalt, in dem wir trainiert worden sind, die Bereitschaft verlangt, für den schwachen Mitgläubigen zu kämpfen.

Es war nicht so, dass Abram es zugelassen hätte, in Lot’s Kompromiss verstrickt zu werden. Nein, er war bereit, für seinen versagenden Bruder zu kämpfen und zu versuchen, ihn zu gewinnen und zu retten, doch wollte er nichts zu tun haben mit Sodom und dessen König. Der Könige war ihm dankbar für die scheinbare Unterstützung seines Falles, doch Abraham wollte nichts davon wissen. Er wies Sodoms Gaben und ihre Schmeichelei zurück. Er bewahrte sich selbst unbefleckt von der Welt, aber er verpflichtete seinen trainierten Haushalt darauf, dem Mann des Kompromisses zu Hilfe zu kommen. Er selbst war im Hause Gottes und musste Lektionen des Gehorsams und der Heiligung lernen. Irgendwie stellen wir uns Abram nicht als kämpfenden Menschen vor, und doch ist das Leben des Glaubens ein Leben, in welchem wir lernen müssen, den guten Kampf zu kämpfen.

Nachdem Abram Ur verlassen hatte und in das Land der Verheißung gekommen war, hätte er sehr wohl annehmen können, er habe das Ziel erreicht, und da er sich nun an den ihm von Gott bestimmten Platz befand, könne er eine Erfahrung der Ruhe erwarten. Auch wir sind geneigt, zu erwarten, dass wir, sobald wir einem dem Herrn gehorcht haben und im Glauben ausgezogen sind, eine sanfte Erfahrung heiterer Zufriedenheit genießen können. Sind wir nicht an dem Platz von Gottes Vorsatz, von Seinem Willen und Seinem Bund? Wir müssen wie Abram lernen, dass das Gegenteil zutrifft. Als Glied seines Haushaltes der Totalität des Willens Gottes verpflichtet zu sein bedeutet, festzustellen, dass wenn eine Schwierigkeit überwunden ist, wir uns einer noch größeren stellen müssen. Der Bereich der größten geistlichen Werte ist der Bereich der schwierigsten Erziehung, die Sphäre des grimmigsten und andauerndsten Konflikts.

Es scheint, dass, wofür immer diese etwas über dreihundert Männer sonst noch trainiert worden sein mochten, sie jedenfalls dafür vorgesehen waren, in einen Krieg einzutreten und einen Feind zu verfolgen. Dies ist eine der großen Lektionen, die wir im Hause Gottes geboren wurden, zu lernen haben, die Lektion des geistlichen Kampfes. Wir müssen in dieser Sache trainiert werden, denn es gibt Feinde – geistliche Feinde – die Gottes Willen bestreiten und Gottes Volk belästigen werden. Es genügt nicht, einfach ein paar Erfahrungen vorweisen zu können, wie tief diese auch sein mögen. Es genügt auch nicht, eine Geschichte zu haben. Wir müssen die Bedeutung unserer Erfahrung verstehen lernen, um imstande zu sein, die Absichten des Herrn aus unserer Geschichte zu extrahieren. Wir haben im Hause Gottes viel zu lernen, denn es ist der Heiligung.

Nach Paulus besteht einer der großen Vorsätze der Schrift darin, damit wir wissen sollen, «wie man sich verhalten soll im Hause Gottes, welches die Gemeinde des lebendigen Gottes ist» (1. Tim. 3,15). Abraham war imstande, andere zu trainieren, weil er selbst schwere Lektionen zu lernen hatte. Als er noch in Chaldäa war, war es anders, nun aber war er mit Gott weiter gegangen, und was sich in seinem neuen Leben ereignete, war vollständig verschieden von dem, was zu Chaldäa gehörte. In Chaldäa konnte er möglicherweise Dinge tun, die er jetzt im Land nicht mehr tun konnte. Wenn wir trainiert werden sollen, den geistlichen Feinden des Vorsatzes Gottes gegenüber zu treten und sie zu besiegen, dann haben wir nötig, dass biblische Wahrheiten in unsere persönlichen Erfahrungen hinein gewirkt werden, so dass wir Verkörperungen dieser Wahrheiten darstellen. Keine Lehre wird je echte Lehre sein, wenn sie nicht in unsere Erfahrung hinein gewirkt worden ist. Und es ist im Hause Gottes, in diesem auf einander bezogenen Leben der Gläubigen, dass solche Erfahrungen gemacht werden.

Die Versuchung besteht, einer solchen geistlichen Disziplin zu entrinnen, sich von der Gemeinschaft zu trennen, die Folgerungen und großen Werte dessen, dass wir in Gottes Haus hinein geboren und darin trainiert wurden, zu ignorieren. Statt einer solchen Versuchung, sich zu trennen und abzusondern, sollten wir einsehen, dass wir für unser Training in himmlischen Dingen es nötig haben, die Einheit des Geistes zu bewahren. Der Moment wird kommen, wie dies in Abrams Haushalt geschah, da eine große Herausforderung von den Feinden unseres Gottes an uns herantreten wird, die uns auffordern wird, Stellung zu beziehen, die Kraft Gottes uns Sieg zu geben durch unseren Herrn Jesus Christus, zu erproben, und so vieles wird dann davon abhängen, dass wir uns der Disziplin, durch den Heiligen Geist trainiert zu werden, unterworfen haben, und durch die Prüfungen, die uns in unserem Gemeinschaftsleben auferlegt werden, für den geistlichen Konflikt zubereitet worden sind.

Schon die reine Tatsache, dass wir Gottes großen Diener Abraham betrachten, betont die Notwendigkeit für gehorsamen und ausdauernden Glauben. Es muss für ihn viele Zeiten gegeben haben, da es schien, dass, weit davon entfernt, die Erfüllung der Hoffnung genießen zu können, die sich auf die Kraft des Wortes Gottes gründete, alles immer unangenehmer und unmöglicher wurde. Dennoch hielt er am Glauben fest. Ohne Zweifel war das die Art von Training, die der Rest des Haushaltes mit ihm teilte. Und in dem Falle, den wir betrachtet haben, gab es einen totalen Sieg, und alles wurde zurück gewonnen, was verloren gegangen zu sein schien. Sie verfolgten sie «bis nach Dan». Sie taten jedoch noch mehr. Sie kehrten in großem Triumph zurück und demonstrierten für uns die neutestamentliche Gewissheit, dass «der Glaube der Sieg ist, der die Welt überwindet».

Wir sind «in einem großen Haus» (2. Tim. 2,20-21). Lasst uns so auf das trainierende und heiligende Werk des Heiligen Geistes eingehen, damit wir Gefäße zur Ehre werden, geheiligt, bereit, vom Herrn gebraucht zu werden, zu jedem guten Werk bereit.

Aus: «Toward the Mark», November-Dezember 1981


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