von
T. Austin-Sparks
Zuerst veröffentlicht in den Zeitschriften "A Witness and A Testimony", Nov-Dec 1941, Vol. 19-6. Originaltitel: "Hindrances to Fullness of Life". (Übersetzt von Manfred Haller)
Wenn es denn wahr ist, dass jeder geistliche Segen eine Gnadengabe ist und nicht irgend etwas, das wir verdient hätten, so ist es ebenso wahr, dass man in keinen Segen hinein gelangen kann, ohne eine echte Herausforderung, ohne dass von uns ein echter und ehrlicher Beweis gefordert wird, dass wir es mit Gott ernst meinen. Die Geschichte, wie Israel in das Erbe des ihm durch einen Bund zugesprochenen Landes hinein kam, ist eine große Illustration dafür, wie geistlicher Fülle von Feinden unterschiedlichster Art widerstanden wird. Das Neue Testament ist eine fortlaufende Offenbarung darüber, wie gegen die geistliche Fülle des Volkes Gottes Widerstand geleistet wird. Es ist eine regelrechte Erziehung, wenn wir das Wort in diesem Sinne lesen und die vielen Formen erkennen, die diese Obstruktion betreibende und vereitelnde Aktivität annehmen kann. Sowohl außerhalb als auch oft innerhalb der Gemeinde, und oft sogar innerhalb der Gläubigen selbst, zeigt sich, wie der Feind der geistlichen Fülle seine Vorteile wahrnimmt. Tatsache ist, ihr Geliebten Gottes, dass nur «Menschen, die sich Gewalt antun», das Reich Gottes wirklich an sich reißen werden (Mt. 11,12), und diese Gewalt muss oft gegen einige unserer eigenen Positionen, Mentalitäten, Vorurteilen, Ängsten, Vorbehalten, Antipathien usw. angewandt werden. Es sollte für uns ein für allemal klar sein, dass wir uns für die Fülle des Lebens und Segens Christi auf des Herrn Grund befinden müssen. Das ist ein Gesetz, das für viele spezielle Angelegenheiten gilt.
Zum Beispiel ist da die Sache unserer Beziehung zu, und unsere Gemeinschaft mit, allen andern Kindern Gottes. Gemeinschaft mit dem Volk des Herrn ist ein festgelegtes Gesetz der geistlichen Fülle, und es kann ohne es keine Fülle geben. Diese Frage der christlichen Gemeinschaft muss in beide Hände genommen und endgültig geregelt werden. Wir müssen, wenn wir einen «offenen Himmel» haben wollen, uns einmal gründlich mit dieser Sache befassen und einmal ehrlich und energisch darüber nachdenken und eine Entscheidung treffen. Welches ist des Herrn Grund in dieser Sache? Es ist nichts anderes, nichts mehr und nichts weniger, als Christus selbst und die Tatsache, dass wir durch die neue Geburt und unsere Hingabe an ihn als unser souveränes Haupt und unseren Herrn sein Leben teilen! Lasst ihr euch auf einen andern Grund ein, dann verlasst ihr den Platz der Fülle. Begeben wir uns auf den Grund einer Lehre (und sei es eine Lehre über die Gemeinde, den Leib Christi, oder die Wiederherstellung - d. Übers.), einer Interpretation, einer besonderen oder spezifischen Doktrin oder selbst einer bestimmten Betonung, als etwas in sich selbst, dann stellen wir sofort Standards und Trennlinien zwischen uns und andern auf, und ganz unbewusst trennen wir und liefern einen Grund zur Trennung.
Auf der einen Seite werden wir sehr schnell von falschen und ungesunden Urteilen bestimmt. Eifersüchteleien und Rivalitäten können nie das Licht des Tages erblicken, wenn unser einziges Anliegen der Herr selbst ist. Sie werden aus unserer Sorge für Dinge geboren. «Schafe stehlen» ist ein allgemeiner Vorwurf, den man sich im Lichte Christi noch einmal anschauen sollte. WESSEN Schafe sind sie? Gehören sie ihm, oder sind sie der Besitz eines bestimmten christlichen Unternehmens oder einer Gemeinschaft? Wozu wurden sie gestohlen? Haben sie sich in einer bestimmten Richtung auf den Weg gemacht, weil sie dort ein größeres Maß von Christus gefunden haben, oder geschah es deshalb, weil sie dazu angestachelt wurden, die Reihen von irgend etwas Geringerem als Christus selbst anschwellen zu lassen?
Sind wir tatsächlich nur deshalb so auf der Hut, «unsere» Bekehrten oder Mitglieder ziehen zu lassen, wenn sie dem Herrn nachfolgen wollen? Möchten wir irgend «ETWAS» zusammenhalten? Liegt der Grund für die Trennung, wenn Menschen eine Vereinigung oder Verbindung verlassen, darin, dass sie in einer anderen Richtung ein größeres Maß von Leben gefunden haben? Es existieren einige Dinge, denen es ständig nicht gelingt, geistliche Bedürfnisse zu befriedigen. Da kommt etwas daher, dass den Hunger und das jahrelange Sehnen stillt, und diejenigen, die hungrig sind, bewegen sich von den alten toten und unfruchtbaren Verbindungen weg hin zur geistlichen Versorgung. Statt dass nun Christen froh wären, wenn eine echte geistliche Bewegung stattfindet, geht es nicht lange, bis der Schrei gehört wird: «Sie trennen das Volk des Herrn». Sind wir sicher, dass hinter vielem Derartigem nicht handfeste Interessen, Sentimentalitäten, menschliche Traditionen oder unsere eigenen Ängste stecken?
Es besteht ein riesiger Unterschied zwischen dem Kurs, der oben dargestellt wird, und den Trennungen unter dem Volk Gottes aufgrund von lehrmäßigen Haarspaltereien oder technischen Vorgehensweisen, um nichts zu sagen von der Anhängerschaft von bestimmten Persönlichkeiten, wie sehr sie auch Instrumente des Segens gewesen sein mögen. Alles, was die Grenzlinie der Gemeinschaft enger zieht als die gegenseitige Liebe des Heiligen Geistes ist eine Abweichung vom Grund des Herrn für die Fülle des Lebens. Wir denken an geistlichen Beziehungen und Gemeinschaft, nicht an eine öffentliche oder «amtliche» Kooperation mit dem, was in Lehre und Praxis unbiblisch ist.
Wenn die Kinder Gottes bloß Christus zum Grund ihrer Gemeinschaft machen würden, würde so vieles, was die geistliche Fülle hindert und schuld ist an an der gegenwärtigen Schwäche, Behinderung und Niederlage, ausgemustert, und der große Hinderer würde seines Grundes beraubt. Da ist da noch eine andere Richtung, in der dieses Gesetz der Fülle operiert, und in der einige wichtige Korrekturen nötig sind. Es ist die, dass Raum gelassen wird für die Souveränität des Heiligen Geistes.
Gerade darauf wurde das Buch der «Apostelgeschichte» aufgebaut. Der Herr kündigte dieses Gesetz an, als er zu Nikodemus sagte: «Der Wind weht, wo er will... so ist jeder, der aus dem Geist geboren ist». Am Tage von Pfingsten geschah «ein Brausen wie von einem daherfahrenden gewaltigen Wind» (Apg. 2,2). Seid ihr je in einen wirklich gewaltig brausenden Wind geraten? Was bei einem echten Sturmwind geschieht, ist dies, dass die Herrschaft allen aus den Händen genommen wird und der Wind tut, was er will, ohne Bezugnahme auf oder Abhängigkeit von Konventionen, Traditionen, allgemein Anerkanntem , Neigungen, oder fixen Ideen. Solange er bläst, ist er souverän.
So war es damals; doch es gab solche, die beleidigt, schockiert, verärgert waren, und die sagten, dies könne niemals von Gott sein. Ein bisschen später fiel selbst Petrus flach auf den Boden angesichts dieses grundlegenden Gesetzes des Geistes und hatte diesbezüglich eine Kontroverse mit dem Herrn. Der Herr musste ihm zeigen, dass der Weg der Ausdehnung (obwohl er zu diesem Zeitpunkt noch nicht sehen konnte, was das bedeutete) in eine Richtung ging, die seine Traditionen und fest eingesetzten religiösen Regeln überschritt und sogar verletzte. Der Herr wusste, dass zu den Heiden einzugehen für Petrus dasselbe bedeutete, als würde man von einem orthodoxen Juden verlangen, unreine Speisen zu verzehren - «alle Arten von vierfüßigen und kriechenden Tieren... und auch Vögel des Himmels» - wodurch er augenscheinlich einen höheren Platz einnehmen würde als Mose und 3. Mose 11; doch genau bat er ihn zu tun. Petrus antwortete: «Nein Herr, nicht so... - was natürlich ein Widerspruch in Worten bedeutet; doch der Herr bestand darauf, und Petrus erklärte sich denen um ihn herum mit den Worten: «Wer war ich, dass ich Gott widerstehen sollte»?
Nun, was wir hier vor uns haben, ist dies, dass der Souveränität des Heiligen Geistes die fixe Tradition von Petrus in dem einen Fall, und dasselbe im Fall von jenen in Jerusalem, «die mit ihm stritten» wegen dem, was er tat, gegenüberstand. In einem späteren Falle fiel Petrus in dieselbe traditionelle Falle, und Paulus musste ihm deswegen mit sehr starken Worten entgegentreten. Der Punkt ist der, dass der Herr daran war, geistliches Wachstum zu bewirken, doch ein Hindernis, das dem entgegenstand, war das Nicht-bereitsein, Raum zu lassen für die Souveränität des Heiligen Geistes.
Nun, liebe Freunde, seht her: Wir müssen diesbezüglich ehrlich in uns gehen, oder aber wir werden als solche erfunden, die «Gott widerstehen» und «den Heiligen einschränken». Lest die Evangelien und die Apostelgeschichte nochmals, und fragt euch, während ihr voranschreitet: «Wie kann dies oder jenes und noch etwas anderes so interpretiert oder verstanden werden, dass es eine akzeptierte und seit langem eingesetzte göttliche Ordnung verletzt?» Ihr werdet nicht weit kommen, bis ihr euch ebenfalls in der Gemeinschaft befindet, die Christus bei jedem Schritt Widerstand geleistet haben, und der Judaisierer, und die Paulus überall in der Welt verfolgten mit dem einen Ziel, seinen Dienst zu verunmöglichen. Sie waren sehr eifersüchtig und eiferten für die göttlich eingesetzte Ordnung, von der sie glaubten, dass sie es sei. Merkt ihr nicht, dass jede Bewegung durch alle Zeitalter hindurch in Konflikt geriet mit etwas, von dem die Menschen glaubten, es sei die göttliche Ordnung, und dass diejenigen, die es betraf, als solche betrachtet wurden, die des Teufels Werk vollführten? So war es bei Christus, und es war auch so bei den Aposteln. Wieder und wieder war es so, wenn Gott sich bewegt hat, um sein Volk auszudehnen und zu vergrößern, indem er ihre festgefahrenen Strukturen ignorierte.
Es ist so leicht, gedankenlose und falsch angewandte Slogans zu gebrauchen, oder Bruchstücke von Schriftstellen falsch anzuwenden (wie etwa «an ihren Früchten werdet ihr sie erkennen»). Sehr oft ereignen sich solche «Dolchstöße» nur, weil es nicht gelingt, dem den Herrn Raum und das Recht zu geben, einige seiner Kinder auf einen Weg zu führen, der neu, ungewöhnlich oder sehr merkwürdig ist. Philippus verlässt das Zentrum und die Szene einer großen Erweckungsbewegung; plötzlich wird er vermisst und wird, eine Zeitlang, für einen Menschen in der Wüste isoliert. Aber es geschah unter der Souveränität des Geistes, und wir müssen warten, bis viele Jahre später die ganze Geschichte aufgeschrieben wurde, bevor wir urteilen und sagen können, Philippus habe falsch gehandelt. So sehen wir, dass wir für alle Erweiterung und für alles Wachstum Gott Raum geben müssen, um neue Dinge, seltsame Dinge zu tun, Dinge, die wir im Augenblick nicht verstehen können. Wir stellen uns selbst nur außerhalb seiner Absicht, uns geistlich zu erweitern, wenn wir ihn an unsere fixen Urteile binden wollen. «Kann irgend etwas Gutes aus Nazareth kommen» war ein populäres Vorurteil, von dem ein an und für sich guter Mensch nicht vollständig frei war, und es betraf keinen Geringeren als den herrn selbst.
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