von T. Austin-Sparks
Kapitel 2 - Die Operation des Reiches Gottes
Im dreizehnten Kapitel des Matthäusevangeliums, das wir als gleichsam als Gedächtnisstütze vor uns liegen haben, finden wir die Operation des Reiches Gottes siebenfach illustriert.
Die Gleichnisse vom KönigreichIch habe nicht die Absicht, eine Auslegung dieses siebenfachen Weges zu versuchen; ich möchte bloß aus dem Kapitel die Hauptgesichtspunkte der Operation der souveränen Herrschaft Gottes herausgreifen. Wir haben hier eine Illustration jener Operation, von der wir uns angewöhnt haben, sie «die Gleichnisse vom Reich Gottes» zu nennen. Das ist der Titel, den die Menschen ihnen gegeben haben, aber es ist nützlich, sich daran zu erinnern, dass der Titel, den der Herr Jesus ihnen gegeben hat, lautet: «Die Geheimnisse des Reiches Gottes».
Der Schlüssel zu den GleichnissenEs ist in der Tat unmöglich, diese Gleichnisse bzw. Geheimnisse des Reiches Gottes zu verstehen, es sei denn im Licht jener Definition des Reiches Gottes, die wir eben geliefert haben - d.h. als «der souveränen Herrschaft Gottes». Wenn ihr es dahingehend interpretiert, dass es in erster Linie einen Bereich oder eine Natur bezeichnet, dann seid über ihre berechtigte Bedeutung hinausgegangen, und ihr werdet mit Sicherheit in Verwirrung geraten. Wenige Teile des Neuen Testamentes sind häufiger kontrovers behandelt worden als diese Gleichnisse. Die unterschiedlichen Interpretationen, die ihnen angedichtet wurden, haben Studenten und Lehrer in unversöhnliche Schulen zertrennt. Wir werden einiges davon antreffen, während wir voran gehen. Es ist daher notwendig, den Schlüssel zu diesen Gleichnissen zu entdecken, um von diesen Verwirrungen und Widersprüchen gerettet zu werden; und dieser Schlüssel liegt zweifellos in der Definition des Reiches Gottes als DER SOUVERÄNEN HERRSCHAFT GOTTES. Lasst es mich wiederholen: Ich lasse mich nicht auf eine Auslegung dieser Gleichnisse ein, aber ich beabsichtige, etwas von sehr großer Bedeutung und von großem Wert für uns an dieser Konferenz zu finden.
Das Gleichnis vom SämannDas erst ist dasjenige, das «das Gleichnis vom Sämann» genannt wird (V. 18-23). Der Herr Jesus sagte, der Same sei das Wort vom Reich Gottes. «Wenn jemand das Wort vom Reich hört», sagte er. Nun übersetzt es neu als «das Wort von der souveränen Herrschaft». Das Wort von der souveränen Herrschaft ist hinausgegangen. Mit welchem Ergebnis? Weitgehendes Versagen. Der Erfolg im positiven Sinne ist sehr begrenzt, vergleichsweise - einiges dreißig-, einiges sechzig-, einiges hundertfach. Ihr seht schon jetzt, wie unmöglich es ist, dem Reich Gottes die Ideen von einem Bereich oder einer Natur anzuhängen. Das würde nämlich heißen, dass in dem Bereich, wo Gott herrscht, ihr weitgehendes Versagen vorfindet. Doch das ist nicht dasjenige, was dieses Gleichnis lehrt. Das Gleichnis lehrt vielmehr dies: Das Wort von der souveränen Herrschaft ist ausgesandt worden wie ein Same; und ganz unabhängig davon, ob hinsichtlich der Reaktion und des Eingehens auf dieses Wort ein weitgehendes Versagen stattfindet, am Ende wird Gott mit einer Körperschaft erfolgreich sein, die das hervorbringen wird, was in diesem Wort veranlagt ist.
Ja, der Mensch mag versagen. Er mag es scheinbar voll Freude aufnehmen, und dann wird alles nichts. Er mag auf eine Weise reagieren und den Anschein erwecken, als würde sich alles richtig entwickeln - und dann, aufgrund von Schwierigkeiten und Widrigkeiten, verschwindet es wieder von der Bildfläche. Aber mag es auch Versagen, Enttäuschung, Zusammenbrüche geben: Ganz gleich - Gott gewinnt etwas in seiner Souveränität. Es gibt etwas, das diese souveräne Herrschaft Gottes sicherstellt. Seht ihr, das ist ein ungeheures Wort von der Souveränität hinsichtlich der Arbeiter. Ihr müht euch ab, ihr streut aus, ihr gebt, ihr arbeitet, ihr leidet Wehen; aber, wenn es sich in Wahrheit um das Wort von der souveränen Herrschaft handelt, kann es letztlich nicht versagen. Es mag viel Enttäuschung geben, aber es wird einen Ausgang geben, welcher der Absicht dessen entspricht, der es gegeben hat. Sehr einfach, nicht wahr? Aber ihr seht, wie wichtig es ist, das alles beherrschende Gesetz der souveränen Herrschaft zu erkennen, das völlig, endgültig und letztendlich nicht besiegt werden kann. Eine ganze Menge mag als Argument dafür auftreten, dass die Arbeit vergeblich war; doch der Herr sagt hier in diesem Gleichnis: «Nein! Wenn es ein Wort von der Herrschaft Gottes ist, kann es letztlich nicht leer zurückkehren; etwas wird daraus hervorgehen». Die Souveränität regiert.
Der Weizen und das UnkrautDas nächste ist das so genannte Gleichnis vom «Weizen und vom Unkraut» - «dem Lolch» (V. 23-30). Der Gedanke geht hier vom Wort zu den Personen über. Es ist nicht das Wort, das jetzt gesät wird - Personen werdet ausgesät. Kinder des Reiches werden in die Erde gesät, und dann kommt während der Nacht der Feind und sät seine eigenen Kinder, Kinder seines Königreiches. Es sind die Kinder des Teufels. Seine Methode entspricht ganz seinem Ziel. Da sein Ziel darin besteht, das, was von Gott ist, zu vernichten, ist seine Methode die, es zu imitieren. Das ist ein Schachzug dieser bösen Weisheit Satans - nachgeahmte Kinder Gottes mit den wahren Kindern Gottes zu vermischen, um zunichte zu machen. Die Arbeiter werden so geschildert, dass sie zum Eigentümer des Ackers kommen und ihm mitteilen, was sie dort vorgefunden haben, und er antwortet: «Ah, ein Feind hat dies getan». Und sie sagen: «Was willst du, dass wir unternehmen? Sollen wir dieses Andere ausreißen?»
Er entgegnet: «Nein - überlasst das der Souveränität (Gottes)! Lasst beides mit einander wachsen, und dann wird die Souveränität, die Herrschaft des Himmels, schrittweise sehr deutlich machen, was was ist, und das Ende wird ein leichter und sicherer Verlauf sein. Wenn ihr jetzt damit anfangt, dann habt ihr nicht die Weisheit des Himmels um beides von einander zu unterscheiden. Das ist nicht eure Aufgabe, und ihr habt weder die Fähigkeit noch die Kapazität, dieses tiefe Werk Satans zu entflechten, indem ihr versucht, zu kennzeichnen, was echt und was bloß eine Imitation ist. Das ist nicht eure Sache, und ihr seid dazu gar nicht qualifiziert. Nur der Himmel kann das. Lasst es einfach so weitergehen, und die souveräne Herrschaft wird offenbar machen, was von sich selbst stammt, und was anders ist».
Es ist die souveräne Herrschaft, welche dieses ganze Problem lösen und endgültig klären wird. Ihr könnt nicht sagen, das Reich Gottes oder das Reich der Himmel sei wie das, was in diesem Gleichnis dargestellt wird - eine schreckliche Mixtur. Das ist es nicht. Das Reich Gottes, das Reich der Himmel ist eine einzige Sache, und nur die souveräne Herrschaft Gottes kann in letzter Klarheit herausbringen, was von Gott stammt.
Doch das wird geschehen, wenn wir weiterfahren. Wir können der souveränen Herrschaft vertrauen. Das ist etwas sehr Praktisches: So funktioniert sie. Es gibt solche, die wirklich von Gott sind, vom Himmel; und dann gibt es solche, die herein kommen - vielleicht singen sie dieselben Lieder, benutzen dieselbe Sprache, gehen denselben Weg, verbinden sich mit denen vom Reich Gottes; aber es besteht ein Unterschied. Tief im Innern sind sie wirklich «nicht von uns». Sie sind lediglich Imitationen; sie sind nicht echt, sie sind nicht das Wahre, Ursprüngliche. Wir mögen feststellen, wie diese Männer (im Gleichnis) feststellten, dass es hier etwas gibt, das nicht dasselbe ist, etwas Fremdes, etwas Fremdartiges und Seltsames. Was sollen wir da tun? Sollen wir sie besser ausgrenzen, ihnen sagen, sie sollen gehen?
Nein, nein! Geht nur genügend weit, und sie werden von sich aus gehen. Die beiden Dinge werden sich selber manifestieren, und auf die lange Sicht wird es sehr leicht sein (sie zu unterscheiden). «Sie gingen von uns aus», sagte Johannes, «damit offenbar würde, dass sie alle nicht von uns sind» (1. Joh. 2,19). Das ist ein himmlisches Prinzip, seht ihr - es gibt eine Manifestation. Es ist schwierig, geduldig jene Leute zu ertragen, von denen ihr spürt, dass sie, wie wir sagen, die Wurzel der Sache nicht in sich hätten - die einfach im Lager mitmarschieren. Doch wie es bei der gemischten Menge war, die zusammen mit Israel Ägypten verließ, so wird die Zeit und werden die Prüfungen sie herausfinden. So geht es zu, wenn das Reich, die Souveränität, operiert, und es ist viel Glaube und viel Geduld nötig.
Das SenfkornDas Gleichnis vom Senfkorn (V. 31.32) ist eines der schwierigsten, und eines, das wahrscheinlich Anlass zu einigen der schlimmsten Interpretationen und Lehren gegeben hat. «Das Reich der Himmel gleicht einem Senfkorn, das ein Mensch nahm und auf seinen Acker säte. Dieses ist zwar unter allen Samen das kleinste, wenn es aber wächst, so wird es größer als die Gartengewächse und wird ein Baum, so dass die Vögel des Himmels kommen und in seinen Zweigen nisten». Glaubt ihr wirklich, im Lichte all dieser anderen Gleichnisse und seiner gesamten Lehre, dass der Herr Jesus sagte: «Das ist das Reich der Himmel - das Reich der Himmel ist genau so?»Wenn die allgemeine und populäre Interpretation akzeptiert werden soll, dann stecken wir in sehr ernsten Schwierigkeiten. Zugegeben, das Gleichnis scheint zu bedeuten, dass das Christentum, «das Reich der Himmel», einen sehr kleinen Anfang hat und dann zu sehr großen Dimensionen heranwächst. Vielleicht steckt sogar ein Körnchen Wahrheit darin. Die Anfänge in Jerusalem WAREN klein, und im Laufe der Jahrhunderte hat sich das Christentum über die ganze Welt ausgebreitet. Aber ist es das, was der Herr mit seinem Gleichnis meinte?
Es sind mindestens drei Dinge, die uns aufstoßen und die uns dazu bringen, das Ganze nochmals zu überdenken, und zwar energisch zu überdenken.
Ein Punkt ist der, dass der Herr bei anderen Gelegenheiten entschieden Begriffe von strikter und strenger Begrenzung benutzte in Bezug auf die Errettung, hinsichtlich von Art und Weise und Ergebnis. Und das sogar in dem Maße, dass die Jünger entsetzt waren und ausriefen: «Herr, können denn nur wenige gerettet werden?» (Lk. 12,23). Er sprach davon, dass der Weg zum Leben schmal sei, und dass nur wenige ihn überhaupt finden oder akzeptieren würden: davon, dass das Tor eng sei und nur wenige dadurch eintreten werden (Mt. 7,13.14). Er nannte seine Jünger (die Repräsentanten seiner Gemeinde) die «kleine Herde», bezüglich der es dem Vater Wohlgefallen bereiten würde, ihr DAS REICH zu geben (Lk. 12,32). Es gibt kontrastierende Vorstellungen darüber, was weit und eng, breit und schmal, groß und klein, populär und unpopulär sein soll. All das stimmt nicht mit der gewöhnlichen, oberflächlichen Interpretation des Gleichnisses überein.
Und was ist mit den «Vögeln des Himmels»? Benutzte er dieses Bild auf widersprüchliche Weise? Im Gleichnis vom Sämann hat er von ihnen in schlechtem Sinne gesprochen; benutzt er hier denn dieselben Begriffe in einem richtigen und angemessenen Sinne? Das verletzt das Prinzip der Konsequenz bei der Inspiration.
Drittens, trifft es allgemein zu, dass «das Senfkorn», das kleinste von allen, zu einem so großen Baum heranwächst, wie er hier beschrieben wird? Nein, das ist konkret so nicht wahr. Falls der Herr so etwas gesehen hat - und vielleicht hat er tatsächlich etwas gesehen - und dann die Aufmerksamkeit darauf gelenkt hat, dann machte er auf etwas aufmerksam, dass vollkommen abnormal, keinesfalls aber natürlich war. Es war abnormal und unnatürlich genug, um Aufmerksamkeit zu erregen.
Das führt uns zu einem Faktor, den alle Gleichnisse und alle Belehrungen Jesu gemeinsam haben, und ebenso jene der nachfolgenden Apostel. In all diesen Gleichnissen gibt es ein selektives, unterscheidendes, kontrastierendes, vergleichendes gut-und-schlecht Element. Das Reich der Himmel ist so: die souveräne Herrschaft ist allumfassend, aber sie ist etwas sehr Besonderes, Selektives, Beurteilendes. Konsequenz in jede Richtung erfordert, dass wir diesen «Baum» des Christentums als eine abnormale, unnatürliche Entwicklung interpretieren, die es möglich macht, dass viele Dinge sich in ihm niederlassen, die nicht mit der wahren NATUR des Reiches übereinstimmen. Diese «Vögel» sind nicht die «von oben her geborenen» Leute, die als einzige das Reich Gottes sehen und auch hineinkommen können (Joh. 3). Es sind all die Hinzugekommenen, die Mitmarschierer, die Parasiten, die verschiedenen Arten von Leuten und Dingen, welche die Vorteile des Christentums beanspruchen und sich damit bedecken, die aber nicht von seiner Natur sind.
Der Herr ließ seine Jünger wissen, dass es das ist, was geschehen würde, und dass die Souveränität all das mit in ihre Bewegung einbeziehen werde. Es ist ebenso gut, wenn wir wissen, dass der Herr die Entwicklung des Christentums und seiner Abnormitäten vorausgesehen hat, aber es gereicht zu großem Schaden, dass sein Geist der Wahrnehmung und Unterscheidung seinen Weg zu so vielen Christen nicht gefunden hat.
Deutet denn das Neue Testament, sozusagen, an, dass es hinsichtlich des wahren Werkes Gottes so etwas wie Abnormität, oder diese Art abnormaler Entwicklung geben würde? Nun, es deutet vielmehr an, dass, obwohl letztlich die Summe vieler, vieler Jahrhunderte aus einer «großen Menge» bestehen wird, «die niemand zählen kann», während wir dem Ende immer näher kommen, ein ungeheures Aussieben und ein Abfall stattfinden wird (2. Thess. 2,3), und dass «das Gericht beim Hause Gottes» beginnen müsse (1. Petr. 4,17). Nun denn, wenn das zutrifft - ein großer Abfall - dann widerspricht die Bibel sich selbst. Wie wir gesagt haben, die Lehre des Herrn Jesus schien für die Jünger bezüglich dieser Sache so klar zu sein, dass sie ausriefen: «Werden dann nur wenige gerettet?» Was soll das alles mit dem breiten und dem schmalen Weg? Der breite Weg - viele gehen darauf; der schmale Weg - wenige finden ihn. Die Bibel widerspricht sich nicht; aber sie sagt, dass Gott Notiz von diesen Dingen nimmt, und dass Gott in seiner Souveränität sie erlaubt. Er tritt nicht auf und zerstört dieses abnormale Ding, allgemein «Christentum» genannt. Das mag es alles geben, aber Gott verfolgt in seiner Souveränität seinen eigenen Kurs, um das sicher zu stellen, worauf er aus ist. Obwohl das alles zutreffen mag, geht die souveräne Herrschaft Gottes weiter, die Souveränität bleibt bestehen.
Das Gleichnis vom SauerteigDasselbe Prinzip liegt auch dem nächsten Gleichnis zugrunde.
«Das Reich der Himmel gleicht einem Sauerteig, den eine Frau nahm und heimlich in drei Scheffel Mehl hineinmischte, bis das Ganze durchsäuert war» (V. 33).
Die populäre Interpretation geht dahin, dass der Sauerteig das Christentum darstellt: Das Christentum, das von der Kirche genommen und in die Welt eingeführt wird, bis der ganze Teig durchsäuert ist - d.h. bis die ganze Welt mit dem Christentum durchsetzt, eben «gesäuert» worden ist. Es wird angenommen, dass wir erleben werden, wie die Welt durch eine tiefe, stille Bewegung des Christentums gerettet wird, indem es stark und tiefgründig und verborgen wirkt, genau wie der Sauerteig. Es ist leicht, so etwas zu sagen, aber es ist eine oberflächliche Argumentation. Im Licht der Geschichte, und im Licht des Wortes Gottes ist das sehr schwer zu glauben.
Seht nochmals hin. Die Weltbevölkerung wächst weit schneller als die christliche Bevölkerung als zu irgend einem Zeitpunkt in diesem Heilszeitalter. Nach diesen beinahe zwanzig Jahrhunderten von Christentum haben eine riesige Anzahl von Menschen in einem sehr großen Teil der Welt das Evangelium noch nie gehört. 1,2 Milliarden von 2 Milliarden Leuten der Erde wissen noch nichts von Christus. Und was ist mit der unaussprechlichen Offenbarung von Bosheit in Ländern, in denen das Evangelium schon seit Jahrhunderten Fuß gefasst hat? Wir könnten ein immenses Gebäude von Fakten aufstellen, das diese Interpretation des Sauerteigs über jede Wiederherstellung hinaus zerschmettern würde.
Was aber ist denn die Bedeutung des Sauerteigs? Ich glaube nicht, dass der Sauerteig hier zu einer anderen Kategorie Sauerteig gehört als überall sonst in der Bibel. Die Konsequenz der Schrift verlangt, dass wir Sauerteig stets als dasselbe interpretieren, im selben Licht: und überall sonst in der Schrift ist der Sauerteig etwas Böses - etwas, von dem die Dinge gereinigt werden müssen. In der alten Ökonomie mussten sie am Vorabend des Passahfestes ihre Lampen anzünden, und sie mussten das Haus vom Dach bis in den Keller, jeden Winkel und jede Ritze, nach Sauerteig absuchen und diesen entfernen. Das Passahmahl konnte nicht gegessen werden, bis sichergestellt war, dass es nirgendwo irgend ein Zeichen, eine Spur von Sauerteig mehr gab. Zudem mussten sie am Passahfest ungesäuertes Brot essen. Der Herr Jesus redete vom «Sauerteig der Pharisäer und Schriftgelehrten» (Mt. 16,6) und vom «Sauerteig» des Herodes (Mk. 8,15). Und Paulus sprach vom «Ausfegen des alten Sauerteigs» (1. Kor. 5,7). Überall ist er etwas Böses. Die Funktion oder die Wirkung des Sauerteig besteht darin, zu zersetzen, aufzubrechen, auseinander zu reißen - jede Hausfrau weiß das. Und es ist auch hier nicht anders: es ist noch immer Sauerteig, und er ist noch immer böse. Wenn ihr sagt, das Reich Gottes, als ein bestimmter Bereich, sei so, dann seid ihr in Schwierigkeiten. Doch die souveräne Herrschaft Gottes weiß alles über diese tiefe, geheime Bewegung der Zersetzung, des Bösen, die in den Bereich der göttlichen Angelegenheiten eingedrungen ist. Es ist nicht das Reich der Himmel, das einer alkoholischen Gärung, Zersetzung, Fäulnis gleicht.
Es ist nur notwendig, solche Schriftabschnitte wie Offenbarung 2,20-23 aufzuschlagen («die Frau Isebel»), und Offenbarung 17 («die große Hure»), um zu merken, dass eine «Frau» in der Schrift sehr oft das Symbol für ein System ist. Wieder und wieder war es eine Frau, entweder als Person oder symbolisch, welche die göttlichen Dinge korrumpiert hat, oder die Korruption in die Beziehung zu ihnen gebracht hat. Denkt an Simson, denkt an Salomo; nehmt spätere Könige als Beispiel. In der Botschaft an Thyatira wird dieses Einträufeln von Bosheit und Korruption in das haus Gottes zum Anlass für das strengste Gericht - denn es wird «die Tiefen Satans» genannt (Offenb. 2,24). Welche Vorkenntnis und Voraussicht besaß doch unser Herr in diesen Gleichnissen! Doch lasst uns weiterfahren.
c. Drei MaßDrei Maß. Erinnert euch, dass drei die Zahl göttlicher Personen und göttlicher Dinge ist. Das Böse hat sich selbst durch die Kirche ausgebreitet, so dass innerhalb des Christentums selbst auch die göttlichen Personen Fragen und Zweifeln unterzogen wurden. Gott selbst - der Sohn, der Geist - werden falsch dargestellt. Bei vielen andern Dingen Gottes hat sich das Böse eingeschlichen, um sie aufzubrechen - um ihre Wirksamkeit und Kraft zu zerstören, indem es ihre Festigkeit zerstörte. Was werdet ihr dagegen unternehmen?
Die souveräne Herrschaft Gottes nimmt sich der Sache an - der Wirksamkeit des Bösen, der Wirksamkeit der Falschheit, der Wirksamkeit der falschen Darstellung generell und der falschen Darstellung der Dinge Gottes. Die Geschichte ist schlicht voll davon, wie wir wissen. Wir hassen es, Begriffe und Labels anzuführen, aber ist es nicht genau das, was in den letzten hundert Jahren geschehen ist im Bereich, den wir «Modernismus» oder «Liberalismus» nennen? Ist es nicht der Sauerteig, der die Dinge zersetzt? Sogar die Person Jesu Christi wird seiner Göttlichkeit entkleidet; dem Wort Gottes wird seine Autorität und seine Endgültigkeit bestritten; sogar der Heilige Geist wird von seiner Würde als eine göttliche Person degradiert; und so weiter. Der Herr Jesus nahm die Zukunft wahr, er sah voraus, wie die Dinge verlaufen würden, und so sprach er es auch aus. Er sagte: «Diese Generation wird nicht aufhören, bevor nicht alle möglichen Häresien und Irrtümer in den Bereich der göttlichen Dinge eindringen werden» - und genau das geschah.
Doch die souveräne Herrschaft Gottes geht weiter. Das bedeutet nicht, dass Gott verwirrt und besiegt werden kann. Seine Souveränität ist größer als all das. Es ist die einzige Art und Weise, wie wir sowohl mit der Lehre der Schrift als auch mit der Geschichte selbst konsequent verfahren können. Gewiss muss es reine Blindheit sein, welche die Geschichte auf andere Weise liest. Wie ich gesagt habe, ich lege diese Gleichnisse nicht aus, sondern greife nur die Punkte heraus, die sie alle gemeinsam haben. Aus verschiedenen Blickwinkeln, aus verschiedenen und unterschiedlichen Gründen, in unterschiedlichen Situationen, durch das ganze Zeitalter hindurch: Was immer von dieser Souveränität zugelassen wird, diese Souveränität verhält sich ihnen allen gegenüber gleich, und sie wird am Ende vollständig gerechtfertigt dastehen.
Das Gleichnis vom SchleppnetzWir kommen nun zum letzten Gleichnis, demjenigen vom großen Schleppnetz, das ins Meer hinab gelassen wird - das Meer spricht immer von der Menschheit - und das eine große Menge Fische einfing. Ja, die Souveränität Gottes tut so etwas: Das Netz kommt herein, mit einer Vielzahl von Fischen jeglicher Art, und dann macht sich die Souveränität an die Arbeit und trennt die Guten von den Schlechten, und am Ende hat Gott das, was er von Anfang an gesucht hat. Schließlich hat er es erreicht. Das ist die Art, wie die Souveränität arbeitet. Es gibt hier viel Unterweisung für Christen und für christliche Mitarbeiter. Wenn wir freie Bahn hätten, würden wir uns an die Arbeit machen und dafür sorgen, dass wir stets und nur das haben, was absolut, gewiss und konkret in Gottes Sinne ist: Wir würden das auswählen, einen Zaun darum herum errichten, Mauern darüber bauen, und wir würden es als eine exklusive Gruppe schützen und bewahren. Doch diese Gleichnisse sagen dazu: Nein! Die Souveränität des Himmels tut so etwas nicht. Die Souveränität des Himmels erlaubt und toleriert sehr viel, das sich letztlich als nicht dem Himmel gemäß erweisen wird. Ja, es nimmt vieles in Kauf; aber es nimmt seinen eigenen Verlauf, und am Ende, durch alles hindurch, wird Gott das bekommen, woran er sein Herz gehängt hat.
Ihr seht, das ist das Herzstück dieser ganzen Lehre und Offenbarung des Reiches Gottes. Das heißt natürlich nicht, dass wir, ihr und ich, dem Herrn gegenüber nicht empfindsam sein müssen - das ist etwas ganz Anderes. Wir werden vielleicht später darauf kommen, wenn wir etwas über das Reich Gottes und die Gemeinde sagen. Das bedeutet nicht, dass, weil wir gesehen haben, dass Gottes Souveränität ihr Ziel auch trotz allem erreicht, wir sorglos und unempfindsam gegenüber dem Sinn des Geistes sein können; oder dass wir alle möglichen Dinge tun, die Gott, wenn er freie Bahn hätte, nicht sanktionieren würde. Doch es bedeutet dies, dass diese Souveränität Gottes eine Menge Boden abdecken wird; sie wird ihr Ziel auf vielen, vielen Wegen und durch viele Mittel erreichen, die an sich, ihrem inneren Wert nach, nicht von ihm sind. Es ist diese Herrschaft des Himmels, die sozusagen «mit ihrer Arbeit vorankommt».
Würden wir uns selbst überlassen, so wären wir derart geschäftig, so eigenwillig, das wir der Souveränität Gottes keinen Raum lassen würden. Der große Appell hier lautet: Lasst genügend Raum offen für Gott. Darauf läuft es hinaus. Verzweifelt nie über irgend einer Situation, als wäre sie endgültig und äußerst hoffnungslos. Angesichts der Verbreitung dieser bösen Sache, dieses Sauerteigs - die Ausdehnung dieses abnormalen, «ausgeflippten» Christentums mit seinen Widersprüchen und Enttäuschungen - wird uns durch diese Souveränität verboten, aufzugeben und zu sagen, die Sache sei hoffnungslos. Wir müssen an den Punkt gelangen, wo wir sagen und glauben und den Standpunkt vertreten: «Diese Situation sieht zwar recht hoffnungslos aus, doch Gott wird etwas darauf gewinnen, und das wird er auch».
Das ist die Gute Nachricht vom Reich Gottes, das Evangelium vom Reich. Ich weiß dass viele, die diese Worte lesen, diese belegen können. Ihr habt schon die schrecklichsten und unmöglichsten Situationen von Vermischung und Hoffnungslosigkeit kennen gelernt. Ihr seid verzweifelt - und dann habt ihr Gott etwas tun sehen. Welche Stärke und Kraft verleiht dies dem Rest der Aussage! «Dieses Evangelium vom Reich wird verkündigt werden... zu einem Zeugnis für alle Nationen». In seiner Souveränität kann Gott die ungeeignetste und aussichtsloseste Situation, den hoffnungslosesten Zustand der Dinge in ein glorreiches Zeugnis verwandeln. Ja, er lässt so Vieles zu, aber er beherrscht alles. Und er benutzt alle möglichen Helfershelfer - sogar den Teufel selbst. Wenn das nicht Souveränität ist! «Ein Feind hat dies getan!» Schön und gut: Wir werden den Feind benutzen, um zu zeigen, was richtig und was falsch ist, um umso mehr das zu offenbaren, was von Gott ist und was nicht. Das Werk des Teufels wird zu diesem Zweck verwendet werden. Das ist die Herrschaft des Himmels.
All dies wird später im Neuen Testament ausgeführt. «Was mit mir geschehen ist», schreibt Paulus (Phil. 1,12) - was war es? Es war das Werk des Teufels. Wieder - «Darum wollten wir auch zu euch kommen, ich, Paulus, einmal, sogar zweimal; doch der Satan hat uns gehindert» (1. Thess. 2,18). Seltsame, geheimnisvolle Aussage! Ja, der Teufel ist fleißig; «ein Diener Satans» (2. Kor. 12,7) - er ist sehr aktiv. Und wie lautet am Ende das Urteil? «Was mit mir geschehen ist, (hat) sich vielmehr zur Förderung des Evangeliums ausgewirkt»! Unter der Souveränität Gottes werden sogar die Werke des Teufels benutzt, um Gottes Ziele zu erreichen.
Vielleicht gehört dies zum Allgemeinwissen, wie man oft zu sagen pflegt. Doch wir müssen entschiedener zu dieser geklärten Situation kommen, dass GOTT UND CHRISTUS AUF DEM THRON SITZEN. Dieses Reich ist eine gegenwärtige Realität. Es gibt Vieles, das ihm widerspricht und ihm entgegenarbeitet. Und Gott verschlingt und vernichtet sie nicht: Er erlaubt sie, und dann bemächtigt er sich ihrer; und das Ende davon sieht so aus, dass sein Thron fest eingerichtet ist und es offensichtlich wird, dass «das Reich über alles herrscht» (Ps. 103,19).
Was diese Gleichnisse uns sagen wollen, ist folgendes - dass Gott sich den Tatsachen stellt und dass er sich keine Illusionen macht. Er rechnet mit der Tatsache, dass ein großer Teil dessen, was vom Wort des Reiches gesät wurde, zugrunde gehen wird. Er stellt sich der Tatsache, dass das Christentum zu einem abnormalen Konglomerat werden wird, dem jede klare Kontur eines Zeugnisses fehlt. Er anerkennt, dass eine geheime, verborgene Wirksamkeit des Irrtums, des Bösen, der Falschheit vor sich gehen wird, all dies um zu zersetzen. Er sieht dem allem ins Gesicht - dem ganzen Werk des Teufels, aller Wirksamkeit des Bösen, allem Versagen des Menschen - und dann erklärt er seine Souveränität über das alles. Das ist es, um das es hier geht. Lasst uns um Kraft bitten, dies zu glauben.
Ich habe nicht viel über einen weiteren Aspekt dieser Gleichnisse gesagt: nämlich, dass die ganze Zeit ein richtendes, beurteilendes Werk vor sich geht. Dies darf euch nicht entgehen. Durch all diese Gleichnisse hindurch zieht er eine scharfe Linie, er unterscheidet, er verhält sich als Richter. Gott sagt nicht einfach: «Alles ist in Ordnung - macht euch keine Sorgen. Setzt euch in eure Lehnsessel, ihr Christenleute; setzt euch, das Reich Gottes kommt». Nein; vielmehr - «Steht auf, ihr Menschen Gottes!» Gott ist nicht passiv, gleichgültig, unbekümmert, indem er sagt: «Oh, es wird alles gut werden, das ist schon in Ordnung; macht euch keine Sorgen deswegen». Er ist nicht so. Er handelt als Richter, und wird immer so handeln. Er stellt die Dinge an ihren Platz, und trennt sie von einander, wie er es mit den Gemeinden in der Offenbarung tut. Er unterscheidet. Er stellt das eine hierher, das andere dorthin, und sagt, sie gehörten zwei verschiedenen Bereichen an. Das ist auch ein Teil seiner Souveränität.
Doch unser Hauptpunkt ist dieser: Die Operation des Reiches Gottes, oder die Herrschaft Gottes besteht darin, letzten Endes den Triumph dieser Herrschaft herbeizuführen. Die Herrschaft des Himmels, die Herrschaft Gottes, wird schließlich (aus allem) triumphierend hervorgehen.
In Übereinstimmung mit dem Wunsch von T. Austin-Sparks, dass das, was er frei erhalten hat, weitergegeben und nicht gewinnbringend verkauft werden sollte und dass seine Botschaften Wort für Wort reproduziert werden, bitten wir Sie, diese Botschaften mit anderen zu teilen und frei anzubieten, um seine Wünsche zu respektieren - frei von jeglichen Änderungen, kostenlos (außer notwendigen Vertriebskosten) und mit dieser Erklärung inklusive.