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Wie es am Anfang war

von T. Austin-Sparks

Kapitel 10 - Freisetzung durch Erleuchtung

In dieser Erforschung der Geheimnisse der Kraft und der Wirksamkeit als charakteristisches Merkmal der Ereignisse in der Apostelgeschichte, stellen wir fest, dass diese Dinge so reichlich in dem gefunden werden können, was in den Aposteln selber geschah, nicht in einem kompletten System von Lehre und Praxis oder Ordnung in einem Handbuch in ihren Händen. Es ist zum Beispiel noch immer völlig unmöglich, genau zu wissen, wie sie ihre Versammlungen abhielten. Da werden bestimmte Gesichtspunkte erwähnt und eine Anzahl Details angegeben, was für Dinge geschahen, doch so vieles geschah einfach spontan und ohne Planung. Es ist genug davon bekannt, um etwas Entsprechendes heute so revolutionär aussehen zu lassen, dass vieles von unseren bekannten Formen, akzeptierten Dingen und Vorgehensweisen über den Haufen zu werden. Zum Beispiel hat unsere gegenwärtige Form des «Abendmahles» oder vom «Tisch des Herrn» sehr wenig Ähnlichkeit mit der neutestamentlichen Art, und die Versammlungen der örtlichen Gemeinde waren fast völlig verschieden von unseren «Gemeinde-Gottesdiensten». Abgesehen von sehr wenigen hauptsächlichen und grundsätzlichen Faktoren und Gesichtspunkten, und auch diese eher allgemein denn spezifisch, wie zum Beispiel die Taufe und die TATSACHE des Brotbrechens, gibt es kein strenges Muster im Neuen Testament. Es ist daher eine falsche Hoffnung und ein vergebliches Bemühen, zu versuchen, vollkommene «neutestamentliche Gemeinden» zu formen. Das heißt nicht, dass es nicht ganz klare geistliche Prinzipien gibt, die, wenn sie wirklich vorherrschen, die Kraft und Effektivität jener frühen Zeit hervorbringen würden. Um diese wieder auszugraben, haben wir uns an diese Überlegungen heran gemacht.

Das geistliche Prinzip, dem wir jetzt unsere Aufmerksamkeit schenken, ist eines, um das die stärkste Kontroverse und die stärkste Opposition tobt. Gewöhnlich trifft das auf Angelegenheiten von größter Wichtigkeit zu, und wir sind überzeugt, dass diese Angelegenheit, die wir jetzt vor uns haben, tatsächlich von sehr großer Wichtigkeit ist. Es ist das, was wir die


Freisetzung durch Erleuchtung

nennen. In diesem Zusammenhang müssen wir mit dem beginnen, was den Aposteln am Pfingsttag widerfuhr.

Es ist gewiss jedermann klar, dass, trotz aller Lehre und Erklärung, die Jesus persönlich seinen Jüngern erteilt hatte, die Jünger weder ihn noch die Schrift verstanden. Selbst als er zweien von ihnen einen meisterhaften und unerreichten Diskurs über den Schlüssel zur ganzen Schrift gegeben hatte, von Moses anfangend, und ihnen damit für den Augenblick «den Sinn öffnete, so dass sie die Schrift verstanden», ist es doch offensichtlich, dass «die Wurzel der Sache» nicht IHN ihn selbst lag. Es war wie bei der vorübergehenden Erleuchtung von Petrus hinsichtlich der Person Christi, von der Jesus sagte, Fleisch und Blut hätten ihm das nicht offenbart, sondern sein Vater, der im Himmel ist. Die flüchtige Erleuchtung rettete Petrus nicht vor der tragischsten und furchtbarsten Sache, die ein Mensch überhaupt tun kann: In Zorn und Ungestüm zu leugnen, Jesus zu kennen. Nein, bis zum Begräbnis Jesu, und auch während der fünfzig Tage danach, war ihre Bibel weitgehend ein verschlossenes Buch.

Doch schaut und hört euch am Tag von Pfingsten um! Petrus und die Elf standen im Licht einer geöffneten Bibel; die Schrift wird überall lebendig. Beachtet die Zitate, die Auszüge und Interpretationen. Die Bibel war ganz lebendig, ging den Menschen zu Herzen und ließ sie aufschreien.

Das verschlossene Buch bedeutete gebundene und eingekerkerte Menschen. Geistliche Erleuchtung war ihre Freisetzung. Der Herr wurde durch den Heiligen Geist freigesetzt und dadurch wurden sie befreite Menschen.

So weit wird kaum jemand einen Widerspruch anmelden. Doch müssen wir weiter gehen. Was wir als Neues Testament vor uns haben, ist die Fortsetzung dieser Erleuchtung. Wir froh sollten wir Christen sein, dass unser Christentum nicht eine Frage von Abhandlungen, Handbücher und religiösen Themen, Diskursen über Philosophie oder Religion oder Dogmen ist, sondern göttliche Wahrheit, um konkreten Situationen zu begegnen, die im wahren Leben auftreten. Licht, das vom Heiligen Geist inmitten von Kampf, Gegnerschaft und absoluter Notwendigkeit gegeben wird. Geistliche Geschichte, die auf dem Amboss einer tiefen Erfahrung ausgehämmert wird. Das Neue Testament ist eine Offenbarung, die angesichts von Bedingungen und Situationen vermittelt wird, die nichts anderes als schiere Rettung, Leben oder Tod erfordert, was das Schicksal betrifft. Es ist kein Band abstrakter Theorien, sondern Licht vom Himmel, um Seelen zu befreien. Daher ist ihr Wert praktischer, nicht theoretischer Natur; er ist lebendig, nicht statisch; er ist konsequent, und nicht wählerisch oder launisch.

So weit, so gut. Doch jetzt kommen wir zum entscheidenden Punkt.

Wir wollen uns beeilen, ganz kategorisch und mit Nachdruck zu sagen, dass die Bibel, als göttliche Offenbarung substantiell und als Werkzeug abgeschlossen und vollständig ist. Weder in Substanz noch Inhalt kann ihr etwas hinzugefügt werden. Gott wird nicht mehr Schrift geben, als er einen Extra-Christus geben wird. Indem er seinen Sohn gegeben hat, hat er mit ihm alles gegeben! Mit der Schrift hat er ebenfalls, was ihren Inhalt betrifft, ALLES gegeben.

Doch auch wenn wir das jetzt festgestellt haben, so kann es uns mit dem Neuen Testament genauso gehen wie den Jüngern mit dem Alten. Wir können den Buchstaben, das Buch, den Bericht haben, und dennoch fehlt uns die BEDEUTUNG. Das Werk des Heiligen Geistes war diesbezüglich zwiefach. Zuerst einmal die, die allgenugsame Substand zu vermitteln und sie in dieser Beziehung als endgültig zu versiegeln. Zweitens, zu offenbaren oder zu erleuchten, was sie substantiell enthält. Das erste erreichte seinen Höhepunkt und Abschluss, als der letzte Apostel die Erde verließ. Das zweite geht weiter. Das Neue Testament benutzt zwei Wörter in diesem Zusammenhang. Es spricht von «Erkenntnis» (z.B. Christi), aber sie spricht auch von der «vollen Erkenntnis - epignosis» (von ihm). Die eine ereignet sich beim ursprünglichen Öffnen der Augen; die andere durch fortwährende Erleuchtung. Daher betete der Apostel für die Gläubigen, «dass er euch den Geist der Weisheit und Erkenntnis geben möge zur vollen Erkenntnis von ihm, erleuchtete Augen des Herzens» (Eph. 1,17-18). Durch eine solche Erleuchtung wird das Leben aufrechterhalten, wird das Wachstum gesichert und Freisetzung bewirkt.

Die Jünger waren am Pfingsttag emanzipierte Männer, und ein Zeichen für ihre Emanzipation war das Lebendigwerden der Schrift durch die Erleuchtung des Heiligen Geistes. Doch das war noch nicht das Ende. Betrachtet die Ansprache von Stephanus. Betrachtet Petrus in der Episode mit Kornelius. Seht euch Philippus und den Äthiopier an, usw. Damit wird keine besondere oder extra Offenbarung gefordert, um der Schrift etwas hinzuzufügen, doch ist es eine Erklärung, dass «der Herr noch mehr Licht und Wahrheit aus seinem Wort hervorbrechen lassen kann».

Hört, was in dieser Hinsicht ein hoch respektierter und akzeptierter Diener des Herrn zu sagen hat:

«Der innere Kern der Wahrheit hat dieselbe Konfiguration wie die äußere Schale. Der Verstand kann zwar die Schale begreifen, aber nur der Heilige Geist kommt an das innere Wesen heran. Unser großer Irrtum war es, dass wir der Schale vertrauten und glaubten, wir wären gesund im Glauben , weil wir imstande waren, die äußere Form der Wahrheit zu erklären, wie sie im Buchstaben des Wortes gefunden wird. Aufgrund dieses tödlichen Irrtums stirbt der Fundamentalismus langsam dahin. Wir haben vergessen, dass das Wesen geistlicher Wahrheit nicht zu dem gelangen kann, der bloß die äußere Schale der Wahrheit kennt, es sei denn, es geschehe zuerst ein Wunder des Geistes in seinem Herzen» (A.W. Tozer in «The Divine Conquest»).

Mancher Diener Gottes hat erlebt, wie sein ganzes Leben und sein ganzer Dienst dadurch revolutioniert wurde - die dasjenige der Apostel - dass der Heilige Geist das Wort Gottes erleuchtete, das er schon so lange in Händen hatte und mit dessen Sprache und Substanz er völlig vertraut war. Dies ist ganz gewiss eines der Geheimnisse der Kraft und Wirkung des Lebens und der Verkündigung «wie es am Anfang war». Dieselben Schriftstellen können von zwei völlig verschiedenen Predigern oder Lehrern verwendet werden mit völlig verschiedenen Resultaten. Der eine dient mit einem offenen Himmel und unter der Salbung durch geistliche Erleuchtung in seinem Geist, mit dem Ergebnis, dass ein himmlischer Eindruck entsteht und Leben mitgeteilt wird. Der andere mit einer verstandesmäßigen Aneignung, gelehrt und mehr oder weniger schlau, aber geistlich unproduktiv, das Herz leer lassend.

Wir haben bisher, in dieser besonderen Beziehung, nur Tatsachen festgestellt. Wir können in dieser Aussage nicht stark genug sein. Zwei Dinge bleiben zu tun übrig. Das eine ist, dass das Volk des Herrn, besonders seine Diener, realisieren müssen, dass die Gabe des Heiligen Geistes (die für ALLE wiedergeborenen Gläubigen vermittelt wurde) eindeutig zur Erleuchtung bestimmt ist, oder wie es der Apostel sagt - «ein Geist der Offenbarung»; um aufzudecken, zu interpretieren, und um «in die ganze Wahrheit» einzuführen. Johannes bringt dies auf einen ganz klaren Punkt, wenn er von «der Salbung» redet, «die ihr empfangen habt». Er sagt, «die Salbung belehrt euch über alles». Alle Gläubigen sollten geöffnete Augen und eine neue Sicht als Bestandteil ihrer Neugeburt haben. Diese Fähigkeit zu geistlicher Sicht und Wahrnehmung sollte das ganze Leben hindurch an Stärke und Tiefe zunehmen. Sie ist nicht etwas Zusätzliches; sie ist das Wachstum einer Fähigkeit, die bei der neuen Geburt geschenkt wird.

Vielleicht entsteht jedoch eine bestimmte Notlage, vielleicht sogar eine Krise, die zu einer Freisetzung des Geistes und zu einer Freisetzung des Jüngers führt. Wir sollten erkennen, dass der Dienst der Apostel, der weitgehend den Gläubigen galt, diese geistliche Erleuchtung und dieses Verständnis als seine Motivation hatte, was bedeutet, dass sogar echte Gläubige in dieser Sache begrenzt sein können. Lasst uns jedoch an unser Geburtsrecht der geistlichen Erleuchtung glauben und uns entschieden vor dem Herrn darum bemühen.

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